Beschreibung
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Es ist Zeit – im Angesicht der Pandemie
Menschen sterben allein, weil andere Menschen vor dem Sterben geschützt werden sollen.
Mit diesem Paradox musste ich Trauern völlig neu lernen –
und auch noch lernen mit dem anderen Ausnahmezustand „Corona“ zu leben, der alles begrenzt. Die Rituale waren weg, kein letzter Blick auf die Verstorbene, kein Umarmen
am Grab, kein Kaffee mit den Verwandten danach.
Trauer ist ein individueller Prozess. Ja, das wissen wir. Trauer ist keine Theorie. Ja, das wissen wir.
Leben ist begrenzt. Ja, das wissen wir.
Trauern und Corona – nein, das wissen wir noch nicht, das ist neu.
Trauern bedeutet auch mit einer Leerstelle weiterzuleben, ein Platz unter Kolleg*innen wird leer bleiben, in der Familie wird die Lücke sichtbar, und mit welchen Aufgaben sehen sich Familien und Freund*innen konfrontiert?
Trauer ist ein sozialer, lebendiger Prozess und nimmt auf vielfältige Weise in kulturellen und religiösen Formen Gestalt an.
Es ist Zeit – für Denkanstöße
Die Autor*innen dieses Heftes geben Einblick in ihre Erfahrungen zur solidarischen Aufgabe der Hospizbewegung, Abschied nehmende Kinder und Jugendliche definieren ihr Leben unter Corona-Bedingungen neu. „Ich muss mich auch wieder daran gewöhnen, ein soziales Individuum zu sein“, resümiert ein trauernder Jugendlicher. Trauerbegleitende sehen in ihrer psycho- sozialen und spirituellen Unterstützung eine hohe System- und Diskurs-Relevanz, die ihnen aber während der Pandemie wenig Gehör einbrachte. Eine andere, globalere Perspektive über Grenzen und Länder hinweg sind Migrationsgeschichten in der Pandemie. Kulturell und religiös tradierte Trauerrituale brechen weg und neue Wege brauchen ihre eigene Zeit.
Erzählungen aus verschiedenen Perspektiven schildern persönliche Lern-Wege der Hinwendung. Wir hören Geschichten bildhaft gestalteter wertvoller Lebenszeit, die Angehörigen bleibt, und er- halten Einblicke in individuelle Trauerzeit, die hautnah und spür- bar erfahren wird.
Unsere Herbstausgabe der Hospizzeitschrift möchte Ihnen das Thema Trauer und Pandemie auf persönliche und sehr aktuelle Weise nahebringen.
Im Herbst gehen uns Gedanken durch den Kopf, die vielleicht bis- her keinen Platz hatten. Es ist Zeit dafür, uns zu wappnen, weil wir viele Dinge eben nicht in der Hand haben – wie uns die Pandemie lehrt und die Natur.