Rezension von Alexandra Günther M.A., Pädagogin/Ethikerin vom 20.11.2017 zu: Gertrud Schwenk: Pflegeheim und Hospizdienst.
Thema
Die Kooperation mit einem ambulanten Hospizdienst macht möglich, dass Pflegeheimbewohner trotz personell und zeitlich enger Ressourcen im Sterben intensiv begleitet werden können. Dies kann besonders Bewohner mit hohem Betreuungsbedarf helfen und Angehörige, sowie Pflegekräfte entlasten.
Autorin
Dr. Gertrud Schwenk ist Dipl. Gerontologin und Dipl. Sozialpädagogin. Als Fachreferentin für Altenhilfe ist sie im Caritasverband München und Freising e.V. sowie als Lehrbeauftragte an der Katholischen Stiftungsfachhochschule München im Vertiefungsbereich „Soziale Gerontologie“ tätig.
Aufbau
Das Fachbuch ist in folgende elf Abschnitte unterteilt:
Pflegeheime in Deutschland – Rahmenbedingungen und aktuelle Herausforderungen
Das Thema Sterben in der Gesellschaft und im Pflegeheim
Die Hospizbewegung – Rahmenbedingungen und aktuelle Entwicklungen
Ehrenamtliche – eine tragende Säule der Hospizbewegung
Hospizarbeit und Palliative Care im Pflegeheim
Organisation Pflegeheim
Netzwerke und Kooperationen
Ergebnisse
Diskussion der Ergebnisse
Modellprojekt „Aufbau von Hospizhelfergruppen für Pflegeheime“
Conclusio.
Danach folgen das Literaturverzeichnis und die Anhänge.
Inhalt
Pflegeheime werden zunehmend zu Orten des Sterbens. Der Heimeinzug erfolgt erst spät am Lebensende und bei hohem Pflegebedarf. Die Autorin erläutert die aktuelle Situation und Entwicklung in Pflegeheimen. Sie setzt sich dabei auch mit den Konzepten zur Integration von Hospizarbeit und Palliativ Care auseinander.
Schwenk geht außerdem auf die Hospizbewegung als zivilgesellschaftlichen Akteur ein. Die Autorin beschreibt u.a. die Geschichte der Hospizbewegung und stellt ihr Anliegen vor, Sterben und Tod als ein Teil des Lebensprozesses in die soziale Gemeinschaft zu integrieren. Der Hospizeinsatz beruht, im Gegensatz zum Pflegeheim, grundsätzlich auf ehrenamtlichem Engagement. Das Thema Ehrenamt wird von der Autorin eingehend behandelt. Sie geht zum Beispiel auf notwendige Qualifizierungen für ehrenamtliches Engagement ein.
Die Institutionalisierung des Sterbens bringt neue Herausforderungen, um alten, pflegebedürftigen Menschen ein würdevolles Sterben zu ermöglichen. Vernetzung und Netzwerkarbeit wird für Pflegeheime zunehmend wichtiger. Die Autorin behandelt gesetzliche und fachliche Entwicklungen.
Der Sterbeprozess macht nicht nur medizinische und pflegerische Betreuung notwendig, sondern auch eine soziale und spirituelle Begleitung. Die Zusammenarbeit von Pflegeheim und ambulantem Hospizdienst schafft hier Möglichkeiten. Obwohl beide Organisationen ein gemeinsames Ziel haben, bringt der unterschiedliche Ansatz auch Spannungen. Die Autorin befragt mittels qualitativer Interviews Mitarbeiter aus fünf Altenhilfeeinrichtungen und drei ambulanten Hospizdiensten zu ihren Erfahrungen und Ansichten.
Die Fragen behandeln u.a. folgende Themen:
das Selbst- und Fremdbild der jeweiligen Mitarbeiter,
die Förderung des Verständnisses füreinander,
die Übertragung der Inhalte der Hospizbewegung,
Kompetenzen angesichts der Zunahme von Demenzerkrankungen und Verkürzung des Heimaufenthalts,
Kommunikation und strukturelle Bedingungen für die Zusammenarbeit,
Besonderheit und Möglichkeit der Einbindung von freiwillig Engagierten in die Institution Pflegeheim.
Die Autorin erläutert anhand ihrer Untersuchungsergebnisse Faktoren für eine erfolgreiche Kooperation. Sie geht dabei zum Beispiel auf die Gestaltung einer Kooperationsvereinbarung und Vor- und Nachteile der Modelle für die Einsatzorganisation der ehrenamtlichen Hospizhelfer ein. Positive Auswirkungen der Zusammenarbeit zeigen sich in der Entwicklung der palliativen Organisationskultur und Qualität der Sterbebegleitungen im Pflegeheim.
Schwenk geht bei der Diskussion ihrer Ergebnisse außerdem auf häufig auftretende Konfliktfelder ein. Misstrauen und Missverständnisse treten in unterschiedlicher Form bei der Einbindung der Hospizhelfer in die Institution Pflegeheim auf. Die Art der Sterbebegleitung, fehlende strukturelle Vorgaben oder die unterschiedliche Qualifizierung der haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter können Anlässe für Spannungen sein, wie die Autorin herausarbeitet. Schwenk zeigt im Anschluss daran auf, wie gegenseitiges Vertrauen, Respekt und Anerkennung in der gemeinsamen Kommunikation und Arbeit gefördert werden.
Anhand des Modellprojekts „Aufbau von Hospizhelfergruppen für Pflegeheime“ veranschaulicht die Autorin ihre Ergebnisse weiter. Abschließend gibt sie explizite Handlungsempfehlungen. Im Anhang werden die Interviewleitfäden und Profile der untersuchten Pflegeheime und ambulanten Hospizdienste vorgestellt.
Diskussion
Getrud Schwenks Untersuchung ist ein wichtiger Beitrag zur Diskussion und Entwicklung der Palliativversorgung alter, pflegebedürftiger Menschen. Zwischen dem Wunsch der Menschen Zuhause zu Sterben und der Wirklichkeit besteht eine große Diskrepanz. Die Mehrzahl stirbt aktuell in Institutionen wie dem Pflegeheim und nicht im häuslichen Umfeld. Gerade Pflegeheimbewohner mit besonders hohem Betreuungsbedarf brauchen eine flexible und zeitintensive Begleitung, die aufgrund der zeitlichen und personellen Ressourcen im Pflegeheim nicht im Rahmen der allgemeinen palliativen Versorgung geleistet werden kann. Ein würdevolles Sterben zu ermöglichen, macht die Stärkung von und das Arbeiten in Netzwerken notwendig.
Fazit
Gertud Schwenk untersucht die Möglichkeiten und Schwierigkeiten bei der Kooperation von Pflegeheim und ambulantem Hospizdienst für die palliative Versorgung. Ausgehend von theoretischen Ansätzen und aktuellen Entwicklungen führt sie qualitative Interviews mit Mitarbeitern der jeweiligen Organisationen. Sie zeigt, welche Voraussetzungen und Faktoren zu einer gelingenden Kooperation beitragen.
Das Fachbuch gibt Informationen und Orientierung. Es werden unterschiedliche Erfahrungen aus der Praxis vorgestellt und Empfehlungen herausgearbeitet. Fach- und Führungskräfte aus der stationären Pflege erfahren wie die Palliativversorgung zusammen mit einem ambulanten Hospizdienst quartierbezogen und kooperativ gestaltet werden kann.
Rezensentin
Alexandra Günther
M.A., Pädagogin/Ethikerin
https://www.socialnet.de/rezensionen/23090.php